Das Bundessozialgericht (BSG) entschied, dass bestimmte Aspekte des neuen Gesetzes von Bundessozialministerin Andrea Nahles gegen das deutsche Grundrecht verstoßen. Auch wenn EU-Ausländer laut Gesetz erst nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland einen Anspruch auf Hartz 4 haben, muss das Sozialamt in Härtefällen einspringen.
Das Gesetz von Bundessozialministerin Andrea Nahles verstößt gegen grundrechtliche Prinzipien

Das Bundessozialgericht fand klare Worte: Verweigert das Sozialamt Menschen Unterstützung, welche zwar keinen Anspruch auf ALG II haben, sich jedoch in einer Notlage befinden, stellt dies einen Verfassungsbruch dar. Es sei menschenunwürdig, Betroffenen in einer existenzgefährdenden Lage die Hilfe zu versagen.
Daraus ergibt sich, dass Sozialhilfe im Härtefall auch an neu zugewanderte EU-Bürger geleistet werden muss.
Allerdings gelten auch hierbei gewisse Grundbedingungen: Der Aufenthalt der Betroffenen hierzulande müsse „gefestigt“ sein. Nach sechs Monaten in Deutschland sei jedoch davon auszugehen.
Die Entscheidung des Bundessozialgerichts im Detail
Die Klage ging von einer bulgarischen Frau aus, welche im Jahr 2014 nach Deutschland einreiste. Als sie nach einigen Wochen ihre Arbeit verlor, gewährte ihr das Jobcenter Hamm lediglich sechs Monate lang Hartz 4.
Obwohl sie erst ein halbes Jahr später eine neue Stelle fand, versagte ihr das Jobcenter für diesen Zeitraum weitere Leistungen – dies war laut BSG verfassungswidrig.
Vier Wochen Überbrückungsgeld und Darlehen für die Ausreise: Das SGB sieht für Ausländer keine Sozialhilfe im Härtefall vor
§ 7 des zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) bestimmt, dass
Ausländerinnen und Ausländer, […] deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, […] Leistungen nach diesem Buch [erhalten], wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben.

Dieser Passus geht aus einer Änderung des Gesetzes im Jahr 2016 auf Initiative von Bundessozialministerin Andrea Nahles zurück. Während der genannten fünf Jahre können Betroffene einmalig ein Überbrückungsgeld geltend machen, welches für maximal vier Wochen lang Nahrung, Kleidung, Hygiene und medizinische Versorgung sicherstellen soll.
Anschließend sieht das Gesetz lediglich ein weiteres „Hilfsmittel“ vor: Ein Darlehen, um den Betroffenen die Ausreise aus Deutschland zu finanzieren.
Das Urteil des Bundessozialgerichts hob de facto die vierwöchige Begrenzung zur Gewährung des Überbrückungsgeldes auf. In der Vergangenheit fällte das BSG ähnliche Urteile (B 4 AS 44/15 R, B 4 AS 59/13 R und B 4 AS 43/15 R), diese erfolgten jedoch vor der Änderung des SGB II im Jahr 2016.