Das Hartz-4-System steht vor dem Aus. Spätestens seitdem klar ist, dass die 100-Prozent-Sanktionen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind, ist klar, dass es Reformbedarf geben soll. Die Ende 2021 gebildete Koalition nimmt sich dieser Sache nun an und will das sogenannte Bürgergeld einführen. Was es damit auf sich hat und welche Informationen es zu der neuen Sozialleistung bisher gibt, erfahren Sie im nachfolgenden Ratgeber.
Das Wichtigste zum Bürgergeld kurz und knapp zusammengefasst
Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und der FDP ist festgehalten, dass das Hartz-4-System mit der Einführung vom neuen Bürgergeld abgelöst werden soll. Dabei könnte es sich um die größte soziale Reform der letzten Jahre handeln. Allerdings gibt es noch nicht viele konkrete Details.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass für den Bezug von Hartz IV und Bürgergeld dieselben Voraussetzungen gelten werden. Antragsteller müssen demnach hilfebedürftig und erwerbsfähig sein, sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
Wie beim Bürgergeld die Höhe der Zahlung geregelt wird, ist bislang noch nicht bekannt. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich die monatlichen Zahlungen nicht in großem Umfang von den aktuell geltenden Hartz-4-Regelsätzen unterscheiden werden.
Da es noch kein konkretes Datum für die Einführung vom Bürgergeld gibt und entsprechende Gesetzesänderungen erst zum Ende des Jahres auf den Weg gebracht werden sollen, ist davon auszugehen, dass es mindestens noch das gesamte Jahr 2022 die Hartz-4-Leistungen geben wird. Die Regierung hat zudem sämtliche Sanktionen für das ganze Jahr ausgesetzt.
Inhalt
Bürgergeld statt Hartz IV: Was ist geplant?

Damit Arbeitnehmer abgesichert sind, wenn sie ihren Job verlieren, müssen diese monatliche Beiträge in die Arbeitslosenversicherung leisten. Tritt dann tatsächlich der Arbeitsverlust ein, besteht meist ein Anspruch auf das Arbeitslosengeld 1.
Allerdings wird dieses nicht unendlich gezahlt, sondern endet in aller Regel nach maximal zwei Jahren. Hat der Betroffene dann noch immer keine neue Arbeit gefunden, muss er Hartz-4-Leistungen beim Jobcenter beantragen.
Diese Sozialleistung steht in Deutschland seit Jahren in der Kritik. Daher hat es sich die Ende 2021 gebildete Koalition aus SPD, Grünen und der FDP zur Aufgabe gemacht, in diesem Bereich umfassende Reformen umzusetzen.
Zukünftig soll es dann ein Bürgergeld für alle Leistungsberechtigten geben. Dieses wird Hartz 4 ablösen. Ein Auslöser für die Notwendigkeit einer Reformierung ist ein Urteil vom Bundesverfassungsgericht.
Dieses hat nämlich entschieden, dass 100%-Sanktionen gegen Hartz-4-Empfänger nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Das Gericht verlangt bis zum Ende des Jahres 2022 eine Neuregelung in diesem Bereich.
Es ist also davon auszugehen, dass es mit der Einführung vom Bürgergeld auch zu einer großen Umstellung bezüglich der etwaigen Leistungskürzungen kommen wird.
Gut zu wissen: Um dem Urteil vom Bundesverfassungsgericht Rechnung zu tragen, wurden sämtliche Hartz-4-Sanktionen bis zum Ende des Jahres 2022 erst einmal ausgesetzt. Leistungsempfänger müssen also bei Verstößen gegen die Vorgaben aus der Eingliederungsvereinbarung aktuell nicht mit Leistungskürzungen oder gar einer kompletten Hartz-4-Sperre rechnen.
Hat das Bürgergeld etwas mit dem bedingungslosen Grundeinkommen zu tun?
Schon im Vorfeld der Bundestagswahlen im Jahr 2021 war das Bürgergeld ein zentrales Wahlkampfthema. In diesem Zusammenhang gab es immer wieder Verwirrung um diese neue Form der Sozialleistung und das sogenannte bedingungslose Grundeinkommen (BGE).
Beide Ideen haben allerdings nichts miteinander zu tun. Das bedingungslose Grundeinkommen ist viel mehr ein Vorschlag, der in den Plänen der neuen Regierung keine Rolle spielt. Nachfolgend wollen wir Ihnen dieses Konzept trotzdem kurz vorstellen.
Die Idee hinter dem bedingungslosen Grundeinkommen ist einfach: Jeder Bürger erhält einen festen monatlichen Betrag ausgezahlt, welcher unter anderem das Arbeitslosengeld I und II, das Sozialgeld, das Kindergeld sowie die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ersetzen soll und damit als soziale Absicherung dient.
Berechnungen vom Bundesfinanzministerium haben ergeben, dass ein BGE von 1.208 Euro für Erwachsene monatlich notwendig wäre, um die Lebenskosten zu decken. Kindern stünden 684 Euro pro Monat zu.
Und hier liegt auch schon das Problem bei der Einführung eines BGE: Um diese Auszahlungen für alle Bürger finanzieren zu können, müsste es zu drastischen Steuererhöhungen kommen. Diese Finanzierungsprobleme sind einer der Gründe, warum es in Deutschland nach aktuellem Stand kein BGE geben wird.
Wer hat Anspruch auf das Bürgergeld?

Wie bereits erwähnt, gibt es noch nicht viele konkrete Regelungen zum Bürgergeld. Diese Sozialreform befindet sich noch in der frühen Planungsphase, sodass bisher noch nicht genau bekannt ist, welche Voraussetzungen für diese Sozialleistung erfüllt werden müssen.
Da das Bürgergeld jedoch die Hartz-IV-Leistungen ablösen soll, ist von ähnlichen Anspruchsvorraussetzungen auszugehen. Damit Sie in Deutschland aktuell Hartz 4 beziehen können, müssen Sie:
- erwerbsfähig (mehr als drei Stunden pro Tag arbeiten können),
- hilfebedürftig (Sie können den Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten),
- mindestens 15 Jahre alt sein,
- das Renteneintrittsalter noch nicht erreicht haben und
- Ihr gewöhnlicher Aufenthalt befindet sich in der Bundesrepublik Deutschland.
Es wird interessant sein, wie der Begriff der Hilfebedürftigkeit in Bezug auf das Bürgergeld definiert wird bzw. ob es auch in diesem Bereich zu einer umfassenden Reform kommt. Befindet sich der Leistungsempfänger in einer Partnerschaft wird nämlich auch das Einkommen des Partners mit angerechnet.
Das führt in einigen Fällen dazu, dass die Betroffenen knapp zu viel Einkommen haben, um Hartz-4-Leistungen in Anspruch nehmen zu können. Zudem wird beim neuen Bürgergeld in den ersten zwei Jahren auf die Vermögensprüfung verzichtet.
Zur Ermittlung einer Hilfebedürftigkeit werden nämlich auch Vermögenswerte, die über das sogenannte Schonvermögen hinausgehen, einberechnet. Mit der Einführung vom Bürgergeld wird es hierbei quasi zwei Jahre „Schonfrist“ geben.
Bürgergeld: Wie viel bekommen Leistungsempfänger?

Eine konkrete Frage, die sich rund um das Bürgergeld als eine der ersten stellt, ist in welcher Höhe die Leistung ausgezahlt werden soll. Diesbezüglich gibt es ebenfalls noch keine konkreten Informationen.
Hierbei wird vor allem entscheidend sein, welche Faktoren in die Ermittlung für den Bedarf einberechnet werden. Der Hartz-4-Regelsatz setzt sich nämlich aus unterschiedlichen Bedarfen zusammen.
Dazu zählen beispielsweise Kosten für Lebensmittel, Strom, Freizeitaktivitäten, Internet etc. Da in diesen Bereichen die Inflation in Deutschland deutlich spürbar wird, wird es spannend sein zu sehen, inwiefern das Bürgergeld dieser Entwicklung Rechnung trägt.
Der nachfolgenden Tabelle können Sie entnehmen, welche Hartz-4-Regelsätze für das Jahr 2022 angesetzt werden:
Leistungsberechtigte | Regelsatz 2021 | Regelsatz 2022 |
---|---|---|
Alleinstehende / Alleinerziehende | 446 | 449 |
Bedarfsgemeinschaften (pro Partner) | 401 | 404 |
Jugendliche von 14 bis 17 Jahren | 373 | 376 |
Kinder von 6 bis 13 Jahren | 309 | 377 |
Kinder von 0 bis 5 Jahren | 283 | 285 |
Neben einem Regelsatz, den es auch für das Bürgergeld geben soll, sind laut Koalitionsvertrag auch Sonderzahlungen vorgesehen. So erhält beispielsweise jemand, der an einer Weiterbildung teilnimmt, zusätzliche 150 Euro pro Monat.
Einen Bonus gibt es zudem für Leistungsempfänger, die an einer „der Eingliederung dienenden Förder- und Unterstützungsmaßnahme“ teilnehmen. Wie hoch diese Zahlung ausfällt ist bis dato aber noch nicht bekannt.
Deckt das Bürgergeld auch die Mietkosten?
Bezüglich der Kosten der Unterkunft wird es durch das Bürgergeld eine Neuerung geben. Im Koalitionsvertrag steht diesbezüglich:
Wir gewähren in den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezugs die Leistung ohne Anrechnung des Vermögens und anerkennen die Angemessenheit der Wohnung[.]
Das wird eine deutliche Erleichterung für Menschen darstellen, die plötzlich ihre Arbeit verlieren und das Bürgergeld beantragen müssen. Bei Hartz-4-Bezug werden die Kosten der Unterkunft nämlich nur für maximal sechs Monate in vollem Umfang übernommen, wenn diese über der Angemessenheitsgrenze liegen. Nach Ablauf dieser Frist muss entweder ein Umzug erfolgen oder der Hartz-4-Empfänger zahlt die Differenz aus dem monatlichen Regelsatz selbst.
Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft errechnet sich aus dem örtlichen Mietspiegel und der Anzahl der Personen, welche in diesem Haushalt leben. Dadurch kann es deutschlandweit von Stadt zu Stadt große Unterschiede bezüglich der Richtwerte geben.
Diese Änderung zeigt, dass mit der Einführung vom Bürgergeld vor allem ein Ziel verfolgt werden soll: Die langfristige Eingliederung von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt. Das Hartz-4-System baut einen gewissen Druck auf, möglichst schnell eine neue Arbeit zu finden. Durch die zweijährige Frist für die Vermögensprüfung und die Anerkennung der Kosten der Unterkunft haben Leistungsempfänger Zeit, sich entsprechend weiterzubilden und nach einer Arbeitsstelle zu suchen, die wirklich zu ihnen und ihren Fähigkeiten passt.
Kommt das Bürgergeld noch 2022?

Wie bereits in den vorherigen Abschnitten deutlich geworden ist, gibt es noch kein konkretes Startdatum für die Einführung vom Bürgergeld. Es ist aktuell davon auszugehen, dass die Bundesregierung bis zum Ende des Jahres entsprechende Gesetzesentwürfe vorbringt.
Allerdings ist es gut möglich, dass diese noch einige Male bearbeitet werden müssen, bis auch tatsächlich ein Gesetz in Kraft tritt. Daher kann es auch sein, dass das Bürgergeld erst im Jahr 2023 die Hartz-4-Leistungen ablösen wird.
Bürgergeld: Was wir bisher wissen
Zum Abschluss unseres Ratgebers tragen wir für Sie noch einmal übersichtlich alle Informationen zusammen, die uns bisher zum Bürgergeld vorliegen:
- Beim Bürgergeld handelt es sich um eine umfassende Sozialreform, welche Hartz 4 ablösen soll
- Arbeitslose sollen dadurch besser und vor allem langfristiger auf dem Arbeitsmarkt integriert werden
- Die Vermögensprüfung wird die ersten beiden Jahre des Bezugs ausgesetzt
- Leistungsempfänger müssen die Kosten der Unterkunft erst nach zwei Jahren senken, sofern diese über der Angemessenheitsgrenze liegen
- Ein Bonus von 150 Euro ist für Bürgergeld-Empfänger vorgesehen, die an einer Weiterbildung teilnehmen
- Einen Bonus gibt es auch, wenn der Leistungsempfänger an einer „der Eingliederung dienenden Förder- und Unterstützungsmaßnahme“ teilnimmt
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