Sie haben Hartz beantragt und einen Ablehnungsbescheid erhalten? Das Jobcenter hat eine Entscheidung gefällt (z. B. eine Sanktion erteilt), mit der Sie nicht einverstanden sind? Grundsätzlich haben Sie das Recht, Widerspruch einzulegen. Wie das Widerspruchsverfahren im Sozialrecht aussieht, haben wir für Sie herausgefunden.
Das Wichtigste zum Widerspruchsverfahren zusammengefasst
Nachdem der Leistungsträger einen Verwaltungsakt oder eine Entscheidung erlassen hat, können Betroffene innerhalb eines Monats dagegen Widerspruch einlegen.
Unserer Grafik können Sie den üblichen Ablauf eines Widerspruchsverfahrens entnehmen.
Bis zu einem gewissen Grad ist das Widerspruchsverfahren kostenfrei. Außergerichtliche Gebühren oder Anwaltskosten lassen sich unter Umständen mit einem Beratungshilfeschein oder der Prozesskostenhilfe bewältigen.

Inhalt
Wie läuft das Widerspruchsverfahren im Sozialrecht ab?

Die wesentlichen Regelungen des Widerspruchsverfahrens finden sich im Sozialgerichtsgesetz (SGG) und der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Normalerweise hat win Widerspruch nach § 80 VwGO und § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung (Suspensiveffekt). Das heißt, dass der Verwaltungsakt dann erst einmal nicht vollzogen werden kann. In § 86a Abs. 2 SGG werden allerdings einige Ausnahmen genannt.
Ein Widerspruch bei der Behörde oder in diesem Fall beim Jobcenter hat also nicht unbedingt eine aufschiebende Wirkung. Im Einzelfall muss die zuständige oder die nächsthöhere Behörde dies prüfen. Das bedeutet, dass der Verwaltungsakt, gegen den Sie Widerspruch einlegen, trotzdem zunächst vollzogen werden kann. Gemäß § 39 des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II), haben Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung, wenn …
- die Leistungen für aufgehoben, zurückgenommen oder widerrufen wird;
- die Leistungen aufgrund einer Pflichtverletzung gemindert oder entzogen werden (Sanktionen);
- der Antragsteller dazu aufgefordert wurde, vorrangige Leistungen zu beantragen;
- der Antragsteller zuerst seiner Meldepflicht nachkommen muss.
Trotzdem kann ein Widerspruch bei drohenden Sanktionen, Hartz-4-Kürzungen oder einem Ablehnungsbescheid sinnvoll sein. Folgendes ist vor und während des Verfahrens zu beachten:
- Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat. Falls Sie im Ausland leben bzw. der Verwaltungsakt im Ausland bekannt gegeben wird, haben Sie drei Monate Zeit. Fehlt in dem Bescheid die Rechtsbehelfsbelehrung, verlängert sich die First sogar auf ein Jahr. Gleiches gilt später im Widerspruchsverfahren für die Klagefrist (sollte es bis zur Klage kommen).
- Was die Form des Widerspruchs angeht, so können Sie diesen schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift bei der Behörde einlegen.
- Eine Begründung ist im Widerspruchsverfahren nicht zwingend erforderlich, in manchen Fällen jedoch ratsam.
Erster Schritt: Widerspruch einreichen

Die zuständige Widerspruchsbehörde ist immer die Stelle, welche den Verwaltungsakt erlassen hat, dem Sie widersprechen möchten. Bei Hartz-4-Angelegenheiten ist das also in der Regel das Jobcenter. Nachdem Sie den Widerspruch dort schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift eingereicht haben, heißt es erst einmal warten.
Drei Monate hat das Jobcenter Zeit, den Widerspruch zu bearbeiten. Die Bearbeitungsfrist verlängert sich, wenn Sie z. B. gesundheitliche Gründe vorgebracht haben und diese erst vom medizinischen Dienst bestätigt werden müssen.
Die Angelegenheit muss dann erneut vom Leistungsträger geprüft werden, allerdings nicht von denselben Sachbearbeitern, die den Ablehnungsbescheid erstellt haben. Grundsätzlich sollte Befangenheit gem. § 17 SGB X vermieden werden, weshalb andere Sachbearbeiter für das Widerspruchsverfahren zuständig sind.
Klage vor dem Sozialgericht

Ihr Widerspruch wurde abgelehnt – damit muss das Verfahren aber noch lange nicht zu Ende sein. Der nächste Schritt besteht in einer Klage vor dem Sozialgericht. Form und Frist der Klageerhebung ähneln dem ersten Schritt im vorangehenden Widerspruchsverfahren. Diesmal ist allerdings das Sozialgericht zuständig.
Sie müssen Ihr Anliegen schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift einreichen. Außerdem gelten dieselben Widerspruchsfristen. Gut zu wissen ist die Tatsache, dass das gesamte Verfahren (also auch das Widerspruchsverfahren) vor dem Sozialgericht kostenfrei ist, das heißt, Gerichtskosten und -gebühren werden aus der Staatskasse geleistet. Dies ergibt sich aus § 183 SGG und gilt insbesondere für Leistungsempfänger.
Berufung vor dem Landessozialgericht und Revision beim Bundessozialgericht
Auch das Sozialgericht hat nicht unbedingt das letzte Wort. Fiel das Urteil zu Ihren Ungunsten aus, können Sie in Berufung gehen – damit landet die Angelegenheit nach dem Widerspruchsverfahren bzw. nach der Klageerhebung vor dem Landessozialgericht. Scheitern Sie auch dort, können Sie sich an das Bundessozialgericht wenden. Als letzter Ausweg kommt eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht infrage.
Diese Schritte sind allerdings extrem zeitaufwändig. Bei dringenden Fällen ist es deshalb ratsam – falls möglich -, die Leistungen gem. § 18 SGB IX selbst zu beschaffen oder eine Sozialberatungsstelle aufzusuchen, um alternative Lösungen zur Überbrückung zu finden.
Kosten für das Widerspruchsverfahren im Sozialrecht

Nicht jeder hat eine Rechtsschutzversicherung, die im Falle eines Rechtsstreits einspringt. Damit auch Personen mit einem geringen Einkommen oder Sozialleistungen nicht auf rechtlichen Beistand verzichten müssen, gibt es den Beratungshilfeschein.
Damit können Geringverdiener oder Hartz-4-Empfänger die Beratung durch einen Anwalt in Anspruch nehmen. Den Löwenanteil der Kosten trägt der Staat, der Ratsuchende selbst hat nur eine Pauschale von 10 Euro zu entrichten (falls der Rechtsanwalt nicht darauf verzichtet). Sobald das Widerspruchsverfahren begonnen hat, können Sie den Beratungshilfeschein beim Amtsgericht beantragen.
Weil sich die Beratungshilfe aber nur auf außergerichtliche Beihilfe beschränkt, gibt es noch die Prozesskostenhilfe nach § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO), mit der auf Antrag die weiteren Kosten gedeckt werden können (z. B. Sachverständigengutachten). Den Antrag müssen Sie dort stellen, wo Sie auch die Klage nach dem Widerspruchsverfahren erhoben haben (in der Regel beim Sozialgericht).
Überblick über die einzelnen Schritte im Widerspruchsverfahren

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