Bewerbung zurückziehen bei ALG-Bezug – ist das erlaubt?

Wichtig! Zum 1. Januar 2023 wurde in Deutschland das Bürger­geld eingeführt, welches Hartz 4 ersetzt. Hier finden Sie weitere Informationen zum Bürgergeld.

Das Wichtigste zum Thema „Bewerbung zurückziehen“ in Kürze

Darf ich eine Bewerbung zurückziehen, wenn ich Hartz 4 bekomme?

Wenn Sie bei ALG-Bezug (bspw. Hartz 4) eine Bewerbung zurückziehen, wird das möglicherweise als „nicht beworben” betrachtet.

Wann ist es erlaubt, eine Bewerbung zurück zu ziehen?

Bei ALG-Leistungen dürfen Sie nur eine Bewerbung zurückziehen, wenn die Stelle als unzumutbar gilt.

Muss ich mich überhaupt bewerben?

Auf Vermittlungsvorschläge vom Jobcenter müssen Sie sich in der Regel bewerben. Die Bewerbung sollte dann nicht zurückgezogen werden.

Bewerbung zurückziehen bei ALG-Bezug

Wenn Sie eine Bewerbung zurückziehen, erfährt das in der Regel auch das Jobcenter.
Wenn Sie eine Bewerbung zurückziehen, erfährt das in der Regel auch das Jobcenter.

Es steht Ihnen frei eine Bewerbung zurückzuziehen, wenn Sie Ihre Meinung geändert haben. Wenn Sie Leistungen vom Jobcenter beziehen, dürfen Sie eine Bewerbung allerdings nicht einfach zurückziehen. Unter Umständen liegt dann nämlich eine Pflichtverletzung vor.

Grundsätzlich steht es jedem Bewerber frei, seine Meinung zu ändern. Er kann die Bewerbung dann einfach zurückziehen, indem er mit dem Arbeitgeber Kontakt aufnimmt und diesem mitteilt, nicht mehr an der Stelle in dem Unternehmen interessiert zu sein.

Eine gänzlich andere Angelegenheit ist es, wenn die Bewerbung von einem ALG-Empfänger zurückgezogen wird. Wer Hartz 4 oder Arbeitslosengeld 1 erhält, steht in der Pflicht, auf Vermittlungsvorschläge vom Jobcenter zu reagieren. Sich nicht auf einen Vermittlungsvorschlag zu bewerben oder eine angebotene Stelle abzulehnen, wird mit Sperrzeiten oder finanziellen Kürzungen sanktioniert.

Keine Sperrzeiten drohen unter Umständen, wenn die Stelle nicht zumutbar ist. Zumutbare Beschäftigungen werden in § 140 SGB III näher definiert. Demnach dürfen Sie eine Stelle ablehnen, wenn…

  • …Sie geistig, körperlich oder seelisch nicht zu der Arbeit in der Lage sind.
  • …Sie die Arbeit nicht antreten können, weil es keine andere Betreuungsmöglichkeit für Ihr Kind gibt und damit die Erziehung des Kindes gefährdet wäre.
  • …Sie einen Angehörigen pflegen und die Arbeit mit der Pflege nicht vereinbar ist.
  • …das Gehalt um mehr als 20 Prozent (in den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit) oder 30 Prozent (in den drei Folgemonaten) unter Ihrem bisherigen Nettogehalt liegt.
  • Andere personenbezogene Gründe können vorliegen, wie beispielsweise unzumutbare Pendelzeit zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Bewerbung zurückziehen bei einem Vermittlungsvorschlag

Sie dürfen eine Bewerbung zurückziehen, auch nach dem Vorstellungsgespräch.
Sie dürfen eine Bewerbung zurückziehen, auch nach dem Vorstellungsgespräch.

In der Regel sind Sie als ALG-Empfänger dazu angehalten, sich auf jeden Vermittlungsvorschlag zu bewerben, den das Jobcenter Ihnen macht. Das Jobcenter verfolgt Vermittlungsvorschläge zurück und informiert sich bei dem Unternehmen, ob eine Bewerbung von Ihnen vorliegt.

Ist das nicht der Fall, geht das Jobcenter davon aus, dass Sie sich nicht beworben haben. Manche Bewerber nehmen irrtümlicherweise an, dass mit dem Absenden der Bewerbung die Pflicht auf den Vermittlungsvorschlag zu reagieren, erfüllt ist. Wenn Sie die Bewerbung jedoch zurücknehmen, wird das ebenso als „nicht beworben“ erachtet.

Damit verletzen Sie die Pflichten, die mit den Leistungen bei Arbeitslosigkeit einhergehen. Die Folgen sind Sperrzeiten oder Kürzungen des Regelsatzes. Selten hat das Jobcenter Verständnis dafür, warum Sie einen Job nicht möchten, der Ihnen vermittelt wird.

Gemäß § 159 SGB III dauert eine Sperrfrist bei ALG 1 bis zu zwölf Wochen. Auf Antrag haben Sie aber trotzdem Anspruch auf Hartz 4. Da eine Pflichtverletzung vorliegt, wird aber auch das gemäß § 31 SGB II um 30 Prozent gemindert.

Welche Rolle spielt die Rechtsfolgenbelehrung beim Zurückziehen der Bewerbung?

§ 31 SGB II äußert sich zum Thema Pflichtverletzungen bei Leistungsempfängern. Absatz 2 Satz 2 setzt allerdings voraus, dass Sie über Ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt worden sind. Konkret heißt es in Absatz 1, dass eine Belehrung über die Rechtsfolgen schriftlich geschehen muss.

Demnach drohen keine Konsequenzen bei einer potenziellen Pflichtverletzung, wenn das Jobcenter die Rechtsfolgenbelehrung versäumt hat. Hier kam es in der Vergangenheit bereits zu Streitigkeiten. Gegebenenfalls muss das Jobcenter die Rechtsfolgenbelehrung nachweisen.

Beachten Sie: Die in § 31 SGB II Absatz 2 Satz 3 genannte Belehrung über die Rechtsfolgen kann auch mündlich ergehen. Denn hier ist nicht, wie in Absatz 1, das Gebot der Schriftlichkeit aufgeführt.

Zurückziehen einer Bewerbung aus eigener Initiative

Anders verhält es sich mit Bewerbungen, die nicht aufgrund eines Vermittlungsvorschlages getätigt wurden. Wenn Sie sich auf Eigeninitiative bewerben, dürfen Sie die Bewerbung zurückziehen, auch nach dem Vorstellungsgespräch.

Sanktionen vom Jobcenter müssen Sie hier nicht fürchten, weil dieses nur Bewerbungen nachgeht, für die ein Vermittlungsvorschlag gemacht wurde. Allerdings prüft das Jobcenter natürlich, ob Sie sich weiterhin kontinuierlich um eine Arbeit bemühen.

Es hat auch keine Konsequenzen, wenn nicht Sie das Vorstellungsgespräch absagen, sondern eine Absage seitens des Unternehmens erhalten.

Bewerbung zurückziehen: Wie formulieren Sie es am besten?

Wenn Sie eine interne Bewerbung zurückziehen, gehen Sie diplomatisch vor.
Wenn Sie eine interne Bewerbung zurückziehen, gehen Sie diplomatisch vor.

Wie teilen Sie dem Unternehmen mit, dass Sie nicht mehr an der Stelle interessiert sind? Wenn Sie Ihre Bewerbung zurückziehen, muss die Formulierung keine ausschweifenden Begründungen enthalten.

Es reicht, wenn Sie sich schlicht ausdrücken. Wenn Sie möchten, dürfen Sie in einem kurzen Satz einen Grund angeben, dieser muss allerdings nicht zu konkret sein. Vage Formulierungen, wie „aus persönlichen Gründen“ sind hier üblich.

In manchen Fällen ist es auch möglich, den jeweiligen Personaler darum zu bitten, Ihre Bewerbung für weitere Stellenangebote in künftiger Zeit zurückzubehalten. Dies ist vor allem dann empfehlenswert, wenn sich Ihre Arbeitssuche aufgrund einer kurzen Fortbildung oder eines Praktikums verzögert hat.

Wenn Sie allerdings eine interne Bewerbung zurückziehen, sollten Sie etwas genauere Gründe angeben. Idealerweise geben Sie an, mit Ihrer aktuellen Position im Unternehmen zufrieden zu sein.

Bewerbung zurückziehen: Musterschreiben

Martina Muster
Musterstraße 221b
1412 Musterhausen

Manfred Mustermann
Musterweg 48
4869 Musterstadt

[Datum]
Zurücknahme einer Bewerbung für [Angabe der Stelle]

Sehr geehrte/r Herr/Frau Mustermann,
ich habe mich am [Datum der Bewerbung] für die Stelle als/zum [Angabe der Stelle, ggf. mit Stellennummer] beworben.

Leider muss ich diese Bewerbung aufgrund von [Grund, kurz und knapp] nun zurückziehen. Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Ich bedanke mich trotzdem noch einmal für die Einladung zum Vorstellungsgespräch. Bitte schicken Sie meine Unterlagen an die oben genannte Adresse zurück, oder vernichten Sie diese.

[Alternativ: Gerne dürfen Sie meine Bewerbungsunterlagen für zukünftige Stellen zurückbehalten. Sollten sich meine Umstände in der Zukunft ändern, bewerbe ich mich gerne erneut bei Ihnen.]

Mit freundlichen Grüßen,
[Name, Unterschrift]

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Bewerbung zurückziehen bei ALG-Bezug – ist das erlaubt?
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Über den Autor

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Yassin F.

Yassin hat Sozialwissenschaften studiert und mehrere Jahre bei verschiedenen karitativen Einrichtungen gearbeitet. 2021 stieß er zum Team von arbeitslosenselbsthilfe.org hinzu und unterstützt uns seitdem mit dem Verfassen von News und Ratgebern.

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