Dresden – Müssen junge Erwachsene wieder bei ihren Eltern einziehen, wenn sie ALG beantragen müssen? Das Sozialgericht Dresden entschied zugunsten eines 22-jährigen ALG-II-Empfängers. Der hatte Klage gegen das Jobcenter eingereicht, weil es die Kosten der Wohnung nicht übernehmen wollte. Die Begründung des Jobcenters lautete: Der Antragsteller sei ohne Erlaubnis des Jobcenters aus dem Elternhaus ausgezogen.
Hartz 4 unter 25: Deshalb müssen junge Hartz-4-Empfänger bei den Eltern wohnen

Für den Lebensunterhalt eines jungen Erwachsenen unter 25 müssen in der Regel die Eltern aufkommen. Einen Antrag auf Arbeitslosengeld können junge Menschen unter 25 nur unter bestimmten Voraussetzungen stellen, beispielsweise wenn die Eltern selbst nicht erwerbstätig und auf Sozialleistungen angewiesen sind. Doch selbst dann erhalten sie selten den Regelsatz von 409 Euro, weil sie mit ihren Eltern eine Bedarfsgemeinschaft bilden und die Leistungen entsprechend verteilt werden. Will der Betroffene aus dem Elternhaus ausziehen, braucht er die Genehmigung des Jobcenters. Die wird nur bewilligt, wenn
- der Betroffene aus „schwerwiegenden sozialen Gründen“ nicht mehr bei den Eltern wohnen kann,
- der Umzug aufgrund einer Arbeitsaufnahme nötig ist oder
- ein anderer schwerwiegender Grund genannt werden kann.
Zieht der junge ALG-Empfänger aus, ohne die Genehmigung des Jobcenters einzuholen, können ihm Sanktionen drohen.
Das Urteil aus Dresden: Warum ein 22-Jähriger Recht bekam

Weil das Jobcenter ihm nur 80 Prozent des Regelbedarfs bewilligte und die Kosten der neuen Wohnung nicht anerkannte, reichte ein 22-jähriger ALG-II-Empfänger Klage ein. Bereits vor dem Auszug hatte der Kläger ALG II bezogen. Ausgezogen sei er nur, um eine Vollzeitstelle in Dresden anzutreten. Als ihm diese nach nur wenigen Tagen wieder gekündigt wurde, musste er erneut ALG II beantragen. Das Jobcenter reagierte mit Sanktionen, weil der Antragsteller ohne die Genehmigung des Jobcenters aus dem Elternhaus ausgezogen sei.
§ 20 Abs. 3 SGB II:
Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.
Das Sozialgericht Dresden entschied zugunsten des jungen Klägers. Er konnte nachweisen die Kündigung nicht provoziert oder verschuldet zu haben. Darüber hinaus hatte er sich mit Arbeitsantritt der neuen Stelle und vor dem Umzug vom Leistungsbezug abgemeldet. Damit war eine Umzugsgenehmigung durch das Jobcenter nicht notwendig. Das Sozialgericht gab der Klage statt und verpflichtete das Jobcenter zur Zahlung des vollen Regelbedarfs und zur Kostenübernahme für die Unterkunft.